FREE EAGLE Fun Racing Team


Michi Strassers IRONMAN Premiere

Seine persönlichen Eindrücke vom
5. Kärnten IRONMAN Austria, 6.Juli 2003

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  Klagenfurt, 6. Juli 2003. 6:45. Ich bin seit 4 Stunden wach, habe bereits vor 3 Stunden gefrühstückt (Nudeln) und steh bis zur Hüfte im warmen Wörtersee. Seit fast genau 12 Monaten erwarte ich sehnsüchtig diesen Morgen, und seit 9 Monaten bereite ich mich darauf vor: 3,8km schwimmen, 180 km Rad fahren und 42km laufen liegen vor mir. Noch sind 15min Zeit bis zum Start und ich schwimme ca. 50 m hinaus und wieder zurück an den Strand. Dort treffe ich unter 1900 Startern Bogi und Paul von unserem FREE EAGLE Fun Racing Team. Wir plaudern kurz, und Paul schafft es zum Glück mich ein wenig zu beruhigen: Ich habe meinen Brustgurt absichtlich in der Wechselzone gelassen weil ich eigentlich nicht wissen will mit wie viel Schlägen ich am Start stehe, aber ein kurzer Griff ans Handgelenk sagt mir, dass es bestimmt über 130 sind. Stehend, ausgeschlafen: Ich bin nervös.

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Wissend das die ersten Meter im Wasser immer einer Massenschlägerei gleichkommen, stell ich mich in einer der letzten Reihen des Starterfeldes. Genau um 7:00 fällt der Startschuss. Ein kurzer Druck auf die Start/Stopp Taste meiner Polar und ich laufe ins Wasser. Die 800m bis zur ersten Boje sind unangenehm, aber danach geht’s eigentlich ganz gemütlich dahin. Beim Zurückschwimmen an den Strand sehe ich fast nichts weil wir genau Richtung Osten schwimmen und die Sonne gerade aufgeht. Zu meiner Überraschung läuft die erste Disziplin besser, pardon, weniger schlecht, als gedacht, und nach 1h29min steige ich aus dem Wasser. Wahrlich keine besondere Zeit, doch habe ich erst vor 4 Monaten mit dem Kraulen begonnen und eigentlich nicht geglaubt unter 1h45 zu bleiben.

Ich lauf in die Wechselzone, Neopren runterreißen, Badehose bleibt an, Tri-Top anziehen, Helm aufsetzen, notdürftig (großer Fehler!) mit Sonnencreme einschmieren, und zum Rad loslaufen. Dort bin ich erst mal froh, dass noch Luft im vorderen Reifen ist, denn innerhalb der letzten 12 Stunden hatte ich 3 Patschen, ohne auch nur einen Meter gefahren zu sein (Felgenband? Hitze?...). Ich schnapp das Bike, lauf aus der Wechselzone, komme gut in die Radschuhe hinein (die Schuhe sind schon vorher montiert damit man besser in der Wechselzone laufen kann) und düse los. Ziel ist eine Zeit unter/um 6h für die kommenden 180 km (aufgeteilt in drei Runden à 60km), angesichts der Trainingsfahrten in den letzten Wochen ein mehr als realistisches Ziel. Doch dann der erste Dämpfer: Nach 3km nehme ich einen Schluck aus meiner Wasserflasche und muss mich fast übergeben. Das am Vortag gemixte Zeugs schmeckt zum Übergeben und ich muss alle 4 Flaschen wegschmeißen, d.h. die nächsten 15km nichts zum trinken, aber vor allem einen sehr unangenehmen Geschmack im Mund.

Die erste Runde fahre ich wie geplant in 1h55min und es geht mir verhältnismäßig gut, bis auf ungewohnte Genickschmerzen.

Dann die zweite Runde: die Schmerzen nehmen zu und bei km 80 denke ich zum ersten mal, dass sich 6h wohl nicht ausgehen werden. Mir tut das Genick schon so weh, das ich mich immer wieder aufsetzen muss um schmerzfrei zu werden. D.h. aber leider auch das ich mein Tempo drosseln muss. Zu diesem Zeitpunkt nehme ich außerdem ein letztes Mal feste Nahrung in Form eines halben Powerbars zu mir. Ab nun trinke ich nur noch Cola und stilles Mineralwasser.

Die zweite Runde zieht sich, aber ich merke, dass es mir trotzdem nicht schlecht gehen würde: Bergauf kann ich immer schneller fahren als die Leute um mich herum, sobald es aber bergab geht kann ich die typische Triathlonposition nicht einnehmen, bin langsam, und alle fahren mir davon oder holen mich wieder ein.

Das geht natürlich auch an den Kopf und ich überlege zum ersten mal ob ich nicht aufhören soll. Das Genick tut unheimlich weh, mit der Zeit bekomme ich dadurch noch klassisch Kopfweh und es freut mich überhaupt nicht mehr.

Bei km 85 überrundet mich übrigens der bis zu dem Zeitpunkt führende Olaf Sabatschus. Zuerst fährt das Leader-Auto mit der Stoppuhr an mir vorbei, und einige Sekunden später höre ich den Sound eines Carbon Three-Spoke Laufrades. In dem Moment zieht ungefähr mit 45-50 km/h (in der Ebene, Sabatschus fährt an dem Tag einen Schnitt(!!) von 42km/h) der Profi aus Deutschland wie ein Blitz an mir vorbei. Geistesgestörtes Tempo…..

Beim Lorenzihof und am Rupertiberg, ca. in der Mitte der Radrunde, herrscht eine Wahnsinnsstimmung. Wie bei Tour de France Alpenetappen stehen die Leute links und rechts am Straßenrand und feuern an. Kurz vorm Gipfel des Rupertiberges hat der legendäre Soundbus vom Cafe Falk (Anm.: mit Wolfgang Falk persönlich als DJ!) Aufstellung genommen. Ein Minivan der eigentlich nur aus Boxen, Cd-player, etc… besteht und ordentlich viel Lärm macht. In solchen Momenten verfliegen die Schmerzen und ich versuche wenigstens da schnell zu sein bzw. schnell auszuschauen.

Doch die dritte Runde ist nur noch schlimmer, sobald es irgendwie geht fahre ich freihändig. Wahrscheinlich wie kein Zweiter an diesem Tag freue ich mich auf das Laufen, damit ich endlich absteigen kann und die Spannung von meinem Genick nehmen kann. So komme ich erst nach 6h36min Fahrzeit, 36min über dem Soll, in der Wechselzone an. Das Ziel von 12h30 ist damit dahin, und ich hoffe eigentlich nur noch innerhalb der Karenzzeit von 17h ins Ziel laufen zu können. Inzwischen bin ich nämlich eigentlich nur noch demotiviert und will ins Bett.

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Die Schuhe bleiben wieder am Rad, ich spring herunter, und laufe los, als ich merke das es mir eigentlich verdammt gut geht. Sofort bin ich wieder motiviert und voll dabei. Ich schnapp mir meinen Wechselsack und lauf ins Zelt. Badehose bleibt an, schnell den Helm runter, Kopftuch und andere Sonnenbrillen auf. Dann kurze Überlegung: Soll ich Socken anziehen oder nicht ? Es war klar beim Radfahren keine anzuziehen. Normalerweise trage ich als alter Sockenablehner auch keine beim Laufen. Da aber ein Ironman nicht normal ist entschließe ich mich doch dazu welche anzuziehen, es wird so auch noch genug wehtun. Dann nehme ich noch schnell ein verpacktes Tuch das in Sonnencreme getaucht ist, und laufe los. Im laufen schmier ich mir die Sonnencreme wieder nur auf die Schulterblätter, ins Genick und Gesicht. Trotz der Akrobatik gleichzeitig den Rücken einzuschmieren und zu laufen, zeigt meine Stoppuhr nach dem ersten Kilometer nur 5min10sek an. Ich bin überrascht und erfreut, es scheint doch noch was zu gehen. Übermütig wie ich bin, beginnen ich zu drücken und lauf den nächsten Kilometer in 4min40. VIEL zu schnell. Aber meine Mutter, Geschwister und Freunde feuern mich in dem Park, durch den ich gerade laufe, an, und ich muss ja eine gute Show bieten….

Die Vernunft siegt aber dann doch, glaube ich, und ich drossle ein wenig. Bei km 5 fragt mich Jürgen Öllinger am Streckenrand ob ich verrückt bin, ich laufe noch immer ca. 6min – 6min10sek pro km.

Die ersten 10km der ersten Runde biege ich in 58min herunter, die zweiten 10 schon etwas langsamer in 1h 4min. Insgesamt brauch ich für den ersten Halbmarathon 2h9min. VIEL zu schnell. Da ich aber weiß, dass ich sowieso irgendwann untergehen werdd, egal wie schnell ich laufe, beschließe ich, wenn ich dann eingeh, wenigstens voll einzugehen…. Und das gelingt mir sauber. Die ersten 2km des 2.Halbmarathons laufe ich noch (as said: man muss sich vorm Publikum gut verkaufen) aber dann beginne ich zu gehen. Ich gehe zwar sehr schnell, ca. 8min10 pro km, aber es ist bestimmt kein rundes laufen mehr so wie vor 2h….

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Dafür wird mir zum ersten Mal an diesem Tag bewusst, dass ich es schaffen werde. Es wird sich ausgehen, ganz sicher. Noch heute werde ich ein Ironman sein. Einige Male kommen mir bei diesen Gedanke die Tränen, doch werde ich immer wieder recht schnell zurück in die Wirklichkeit geholt, denn die Beine tun nun wirklich schon seeeehr weh. Ab km 32 begleitet mich mein kleiner Bruder Georg mit dem Fahrrad und wir unterhalten uns über irgendwelchen Blödsinn, nur nicht Sport. Bei km 30 wahr ich noch optimistisch, dass ich vielleicht wenigstens unter 13h bleiben könnte, doch auch diese Ziel muss ich jetzt begraben, es wird sich wahrscheinlich ums A****lecken nicht ausgehen.

Bei km 36,5 komme ich das zweite und letzte Mal beim Lindwurm in der Klagenfurter Innenstadt vorbei. Die Strecke verläuft zwischen den Schanigärten und Kaffeehäusern und fast überall sitzen Leute herausen und feuern die Athleten an. Inzwischen steht der Bus vom Falk direkt neben dem Lindwurm und gibt wieder Vollgas. Ich motiviere mich ein letztes Mal und beschließe ab jetzt nur noch zu laufen, kein gehen mehr die letzten 5,5km. Gleich am ersten km versage ich und fange wieder zu gehen an. Dann bei km 37,5 beschließe ich alleine aufs Zielfoto kommen zu wollen. Das motiviert mich und ich versuche der Gruppe mit der ich unterwegs bin davonzulaufen.

Bei km 38 gibt mir Georg ein Red Bull und ich zünde den Turbo (okay, ich versuche schneller zu laufen als man gehen könnte). Um mich herum sind noch immer lauter Leute die ich eigentlich nicht auf meinem Finisherfoto haben will und ich laufe schneller. Offensichtlich haben aber andere ähnliches vor und beginnen auch schneller zu laufen. Aber jetzt bin ich heiß. Ich laufe immer schneller, und ab km 40 richtig schnell, relativ zumindest. Für km 41 brauch ich ca. 5:30.

Da kann ich schon das Lied des Tages („Put your hands up in the air“) aus dem Stadion hören und überhole bei km 41,5 noch 2 Leute.

Schon vor dem Stadion sitzen noch immer unzählige Leute auf der Wiese und Bänken und jubeln den Sportlern zu. Die Musik wird immer lauter. Ständig hört man wie der geniale Moderator MikeMike Hamel die Athleten ankündigt. „Put your hands“ fetzt aus den Boxen, und ca. 150m vor der Ziellinie hör ich „Klagenfurt, put your hands up in the air and welcome Michael Strasser“, dann biege ich in den Zielkanal ein. Links und rechts noch immer halbvolle Tribünen, alle schreien und freuen sich mit mir wie ich dem Ziel immer näher komme.

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30m vorm Ziel, vielleicht das einzige was ich bereue: ich genieße die Stimmung nicht. Eigentlich hatte ich vor stehen zu bleiben, mich umzuschaun, einfach genießen was da abläuft. Aber es ist die Ziellinie die mich vorantreibt und ich hab genug Zeit woanders liegen gelassen, daher laufe ich einfach weiter, durch das Zieltor durch.

Als erstes hängt mir ein Mädchen meine Medaille um, und dann das Großereignis des Tages: Ich schau auf den Boden, freu mich, bin benommen, benebelt, kenn mich nicht aus, und ergreife einfach irgendeine Hand die mir entgegengestreckt wird, und irgendwer sagt „Congratulation“. Ich schau auf und stocke für einen Moment…. Er ist es. He himself. Komplettester Ironman aller Zeiten, seit 14 Jahren Rekordhalter der schnellsten, jemals bei einem Ironman gelaufenen Marathonzeit (2:40:04!), living legend, Mark „The Grip“ Allen. Hätte ich das gewusst, hätte ich den ganzen Ironman mit Filzstift in der Hand gemacht, nur um in diesem Moment ein Autogramm auf mein Kopftuch zu bekommen…..

Als nächstes sehe ich meine Mutter und den Rest meines Fanclubs direkt auf der Tribüne neben mir stehen. Ich winke ihnen kurz und meine Mutter reicht mir einen Lorbeerkranz.

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Ein paar Minuten später treffen wir uns alle hinter der Ironmancity. Ich hab mich schon vom allerersten Schock erholt und plaudere mit den anderen. Es geht mir verhältnismäßig gut, im vergleich zum Linz-Marathon vor 4 Monaten gerade zu Weltklasse.

Der Ärger über 13:06:19 hält sich in Grenzen, schmerzt aber insofern, weil ich die 36min extra genau dort aufgerissen habe, wo meine Stärke liegt, nämlich beim Rad fahren. Was passiert ist weiß ich nicht, ich bin mit dem Rad heuer schon oft problemlos über 6h gefahren, aber nächstes mal mach ich’s besser. Denn allen Gedanken, vor allem während des Radfahrens, zum Trotz, weiß ich eins sicher: Nächstes Jahr wieder, mindestens einmal.

Michi Strasser, IRONMAN,
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(c) Paul Richter, FREE EAGLE Fun Racing Team, 1999 - 2003.
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