Tag 0 Die AnreiseFür unser heuriges Trainingslager in der Toskana folgten wir der
Empfehlung von Bernhard und übernachteten in dem Quartier in Scarlino, in dem er voriges
Jahr gewohnt hatte. Eine weise Entscheidung, schließlich war es dort sehr gemütlich
inkl. Billardtisch und sehr billig. Allerdings war es drinnen ein bisschen kalt (der Kamin
spielte uns so manchen Streich), und es lag 120 m höher als die Umgebung, was jeden Tag
eine abschließende Bergwertung zur Folge hatte.
Tag 1 Die FlachetappePaul war wie in weiterer Folge immer der Letzte, der abfahrbereit war.
Bei ca. 17 °C fuhren wir zum Meer (Punta Ala), nach Castiglione, ein bisschen im Flachen
in der Gegend herum und dann nach Hause zurück. Die meistgehörten Sätze des Tages:
Nicht so schnell! Ich fahre im Grundlagenausdauerbereich! und
dergleichen.
Tag 2 Das TempoVon mir prognostiziert waren für die geplante Tour an die 140 km, tatsächlich waren
es ... siehe unten. Bereits nach ca. 2 km kam Paul drauf, dass er keine Trinkflaschen
mithatte. Das Problem war, dass wir bereits 120 Hm runtergefahren waren. Eine kurze
Beratung ergab: Michi gibt Paul eine seiner Wasserflaschen. Schön, wenn man Domestiken
hat! Es ging nach Tatti, also 7 km lang bergauf, und dann auf der Hochebene
wellig weiter. Der Tag stand so wie auch Tag 1 unter dem Motto: Wir suchen ein
gemeinsames Tempo, finden es aber nicht. Ab Roccastrada ging es 450 m auf ca. 10 km
bergab eine der schönsten Abfahrten, die ich jemals gefahren bin. Sehr kurvig,
aber nicht so eng. In Sticciano Scalo schrieb ich eine Bergwertung aus: Der Sieger zahlt
allen Teilnehmern eine Runde. (Hannes war übrigens nicht dabei, weil seine Frau
Geburtstag hatte.) Ich hoffte auf die Verschnorrtheit meiner Mitstreiter, hatte die
Rechnung allerdings ohne die Wirte gemacht. Statt des erhofften Sieges wurde ich Letzter.
Gewonnen hat Erich, der hierauf Suderverbot erhielt (er darf in den nächsten beiden
Wochen kein langsameres Tempo mehr einfordern), vor Paul, Michi und keinname. Oben erzählten
sie mir, dass sie abgestimmt hätten, dass der Letzte zahlen muss. Und Erich erzählte,
dass er nur im Urlaub Bücher (diesmal Orwells 1984) liest. Ich musste meine Gefährten
daher über drei Irrtümer aufklären:
Tag 3 Der KühlschrankSchon der Wochenwetterbericht hatte für diesen Dienstag Schlechtwetter angesagt, und
eine Wetterkarte (gesprochenen Text nicht verstanden, da italienisch) bestätigte diese
Befürchtung. In der Nacht waren schwere Niederschläge niedergegangen. Wir fragten um ca.
9 Uhr die Vermieterin, wie das Wetter werden würde. Entweder Regen oder
Sonne! Aha. Da das Wetter erfahrungsgemäß Richtung Meer immer besser war, und es
am Morgen wirklich schön wenn auch kalt war, trafen wir uns knapp vor 10
draußen. Als alles zugesperrt war, fragte ich einmal: Hot iagndwea mei Radl
mid? Nein, niemand hatte. Nochmals aufgesperrt, Rad raus, zugesperrt. Wollen
wir auch eine Karte mitnehmen? Wir wollten, die gleiche Antwort wie gestern auf die
gleiche Frage. Also nochmals aufgesperrt, ... Trotzdem starteten wir schon um 9:57
angezogen wie die Nordpolfahrer in unser Abenteuer, die erste Königsetappe mit
prognostizierten 140 km und fast 2000 Hm.
Tag 4 Der RuhetagEs regnet die ganze Zeit, der Ruhetag ist also ideal angesetzt.
Tag 5 Das SteckerlHeute war Michi der Tourenplaner, was sich für die Sprinter fatal auswirkte. Erik
Zabel hätte nicht dabei sein dürfen, Richard Virenque schon eher. Das Höhenprofil glich
einer Berg- und Talfahrt. Nach jeder Bergankunft ging es wieder in die Ebene runter. Die
Gipfel waren in dieser Reihenfolge: Scarlino-Burg (270 Hm), Gavorrano (340 Hm), Ravi (220
Hm), Giuncarico (225 Hm), Vetulonia (360 Hm), Buriano (250 Hm), Tirli (450 Hm) und zum
Abschluss zu unserer Unterkunft (175 Hm). Obwohl wir alle trotz des Ruhetages die
Strapazen der verganenen Tage spürten und obwohl die Tour alles andere als leicht war,
ging es allen erstaunlich gut und wurde eigentlich jeder Berg als Bergwertung gefahren,
wobei aber nicht immer alle mitfuhren. Bereits nach 25 km, also nach zwei Bergen, riss
Pauls vorderes Schaltseil. Er suchte sich ein geeignetes Steckerl zum Einklemmen, somit
hatte er vorne zwei Gänge zur Verfügung, klein (ohne Steckerl) für bergauf, mittel (mit
Steckerl) für den Rest. Trotzdem hielt er bergab und auf der Geraden sehr gut mit.
Bergauf war er sowieso ausgezeichnet unterwegs. Ein Grund dafür war: Er hatte sämtliche
Vorsätze über Bord geworfen und ließ seine Zielpulsbereiche Zielpulsbereiche sein und
fuhr einfach auf Sieg. Recht so! Gegen Ende der Runde konnte er sein Rad in Follonica
reparieren lassen, somit stand der folgenden herrlichen Elbarundfahrt nichts im Weg
Tag 6 Der SchneeAnkunft in Piombino war um 8:15, kurz darauf standen wir in der Kassenhalle der
Fähr-Linien. Leider streikte diejenige (Generalstreik in Italien gegen Berlusconi), die
in 15 Minuten ablegen sollte, weswegen wir eine halbe Stunde in der Kälte warten mussten.
Dadurch war klar, dass sich die ganze geplante Runde nicht ausgehen würde, außer wenn
wir wirklich schnell fahren würden oder erst bei Dunkelheit zu Hause sein wollten. Das
war beides nicht der Fall, das kann ich jetzt schon verraten.
Tag 7 Das SightseeingMichi und keinname fuhren ca. 50 km, Erich kam bei 1984 erheblich weiter. Am Nachmittag fuhren wir dann nach Follonica, wo wir ein bisschen am Strand herumtollten, die schönen Frauen bewunderten und Crepes und Eis aßen. Wieder zu Hause spielten wir simultan ein TT-Turnier und ein Tischfußball-Turnier. Beim TT gewann ich mit 3:0 Siegen, die anderen drei (M, B, E) hatten jeweils mehr Niederlagen als Siege auf ihrem Konto, 1:2. Wie hier das Ranking genau war, weiß ich nicht mehr. Tischfußball gewann Michi dank eines 5:4 gegen mich vor mir. Ebenso gewann er am Abend noch bei SvC.
Tag 8 Der ReifenplatzerPaul war zwar pünktlich, aber doch wieder der Letzte. Die Königsetappe stand auf dem
Programm, daher begann ich bei der ersten Auffahrt des Tages nach Tatti gleich mal mit
einer beherzten Attacke. Ich hielt die 180-185 Pulsschläge pro Minute wirklich
erstaunlich lange durch und hatte mich schon vom letzten Platz an die Spitze geschoben.
Doch ca. 2,5 km vor dem Ziel musste ich doch etwas nachlassen, keinname zog sofort davon, und
auch Paul überholte mich noch. Aber der dritte Platz war ganz zufrieden stellend. Nach
einer kurzen Pinkelpause waren auch die anderen schon da, was bewies, dass die anderen
auch volles Rohr gefahren waren. Ich musste für diese Attacke zwar den restlichen Tag
büßen (relativ leere Oberschenkel), aber das war es mir wert. Von da an wurde ich bei
jeder Bergwertung Letzter, trotzdem fühlte ich mich eigentlich recht gut, die anderen
waren einfach besser. Den höchsten Punkt des Tages (und wahrscheinlich der gesamten
Woche) erreichten wir knapp nach Montieri. Dort kontrollierten wir auch, ob Paulis (Robl)
Bananen-Pickerl noch auf dem Verkehrszeichen klebte. Es war zwar schon sehr ausgebleicht,
aber es klebte noch dort. Hannes verewigte sich mit einem Bike-Revue-Aufkleber.
Als uns Hannes (als Beifahrer) dann mit dem Auto wieder überholte, war er schon wieder guten Mutes und fotografierte uns. Zum Glück war der Fotografier-Finger heil geblieben.
keinname und Michi nutzten den Windschatten des Autos für den besten
Ausreißversuch in der Geschichte des Radsports (ihre Eigendefinition). Sie waren
wirklich schnell weg. Ich fuhr sowieso nur mehr auf dem Zahnfleisch durch die Gegend. Paul
und Erich bereiteten sich schon auf den abschließenden Bergsprint nach Scarlino (fast 200
Hm, ca. 2,5 km) vor. In Scarlino überholte Paul auch noch die bummelnden keinname und Michi,
wodurch es wieder Diskussionen gab, wo das Ziel sei, bei der Ortstafel oder beim höchsten
Punkt? Jeder entschied zu seinen Gunsten, wodurch es keine Entscheidung gab.
Tag 9 Der WindEs war zwar nicht besonders warm, aber sonnig. Das und die Tatsache, dass wieder mehr
als 150 km auf dem Programm standen, ließ einen ziemlichen Sonnenbrand befürchten. So
weit kam es dann zwar nicht, aber wir sind doch alle ein bisschen färbiger geworden. Die
ersten 20 km ging es nur gegen den Wind, was etwas an der Moral zehrte, daher waren wir
dann sehr froh, als es dann Richtung Süden ging. Da merkten wir dann, dass wir doch noch
ganz gut drauf waren. Den Sprint nach Grosseto, den keinname ca. 2 km vorher angezogen hatte,
entschied letztendlich Erich für sich. Durch Grosseto war es etwas schwierig, weswegen
wir auch ein bisschen im Kreis herum fuhren und die Stadt in die falsche Richtung wieder
verließen, doch wir kamen bald wieder auf den richtigen Weg: Scansano, 23 km. Ich begann,
die km zu zählen, weil wir Gegenwind hatten, leicht bergauf fuhren und der Asphalt sehr
rauh und uneben war. Auf deutsch: Wir schneckten dahin. Als es endlich richtig bergauf
ging, kehrte auch die Angriffslust zurück. Michi gewann den Ortstafelsprint in Perselle.
Danach waren alle dahin: Paul nach einer Fotografierpause hoffnungslos zurück, die
anderen meilenweit vorn. Wir fuhren am Stück 500 Hm hinauf bis zur Ortstafel Scansano,
was eine Überraschung war, weil Scansano laut Karte nur auf 400 m liegen sollte. Des
Rätsels Lösung: Das Zentrum liegt viel tiefer, und dort fuhren wir natürlich auch fast
hin, weil Paul uns ins Gewissen redete: Jetzt foama bis dohea, und daunn schauts
eich nua de Oatstofe au? Ehrlich gesagt, zählten für Erich, Michi und mich wegen
des Projekts 1000 nur die Kilometer, aber bitte. Ab in die Stadt. Die Abfahrt
zurück war wirklich schön, wenn auch vielleicht eine Spur zu flach, aber wenigstens
einmal mit Rückenwind. Und mirnixdirnix hatten wir auch schon die 100 km erreicht. Nach
Hause ging es dann dem Meer entlang, zuerst auf einem Radweg, wo wir leider eine verletzte
Inline-Skaterin sahen, dann auf der Straße. In Castiglione gingen Paul und ich knietief
ins Meer, eine Premiere beim vierten Toskana-Aufenthalt. Ab jetzt wurde ich leider etwas
müde und musste die anderen bei jedem längeren Anstieg ziehen lassen. Hunger kam auch
noch dazu, aber es war ja nicht mehr weit.
Tag 10 Die Ausrolletappe8 Uhr, Paul und Konsorten wollten abfahren, von Paul war aber keine Spur. Der kam erst
so gegen dreiviertel 9, dann wurde aber nahezu überstürzt aufgebrochen. Ich stand jetzt
erst auf, war trotzdem vor der vereinbarten Abfahrt fertig, war aber trotzdem der Letzte.
Michi wollte 100 km erreichen, ich brauchte für das Projekt 1000 noch 102 km, Erich noch
112. Michi reklamierte übrigens die Idee für das Projekt 1000 für sich, das möchte ich
der Vollständigkeit halber auch erwähnen. Wir begannen wieder einmal gegen den Wind. Bei
der Auffahrt nach Tatti (mein Lieblingsberg) begann es dann auch zu nieseln. Beim dritten
Versuch war ich auch heuer wieder einmal der Erste in Tatti war. Man muss nur die eine
Hälfte der Gegner heimfahren lassen und bei den anderen die Ausrolletappe
abwarten. Oben fuhren wir gleich weiter, weil es wirklich kalt (10 °C, von den
Daheimgebliebenen hörte man ja noch ganz andere Sachen wie 60 cm Neuschnee und so) und
unwirtlich war. Der Regen war nicht stark und nicht durchgehend, aber es regnete halt
immer wieder ein bisschen. Bei der ersten Abfahrt des Tages war es aber glücklicherweise
trocken. In Roccastrada machten wir kurz Pause. Dort sahen wir in einer Pasticceria auch
das erste dunkle Brot seit mehr als einer Woche, kauften uns aber Krapfen. Die Pause war
ein Fehler, weil uns der Regen einholte, und das ausgerechnet vor der langen Abfahrt, aber
es war egal, weil er nicht allzu stark war und die Straße nicht rutschig war. In der
Ebene wurde es dann endlich etwas wärmer, und im Laufe der Zeit erreichten wir auch über
20 °C. Schön langsam freuten wir uns alle aufs Nach-Hause-Kommen, weil jeder irgendeinen
schmerzenden Körperteil hatte. Wir fuhren noch nach Giuncarico hinauf und dann direkt bis
zur Auffahrt nach Scarlino. Dort fuhr Michi gleich hinauf, mir fehlten noch 5 km und Erich
noch 15, die wir in der Ebene abspulten. Erich war sich fast sicher, dass er auf diesen
Extrakilometern einen Patschen haben und in einen Regenguss kommen würde, aber nichts
davon geschah.
Tag 11 Die HeimreiseKeine Vorkommnisse, außer dass wir uns bei Pisa verfahren und dadurch die Stadt umrundet haben. Abschlussbemerkung von Erich: Man hat gesehen, dass alle über den Winter ihre Hausübungen gemacht haben. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn es hatte ja niemand Probleme, die gar nicht so kurzen Distanzen zu überstehen. Autor: Thomas Gössl, http://come.to/gloms I'm a Free Eagle! Born to
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(c) Paul Richter, FREE EAGLE Fun
Racing Team, 1999 - 2004.
paul @ free-eagle.at
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