Hallo Leute!
Hab mich am Wochenende bei Bernd
Mayr's "Weinviertel Trailrace" betätigt. 470km auf dem Mountainbike
durch's Weinviertel. Aus den angepeilten 24 Stunden sind durch die
äußeren Bedingungen 26 1/2 geworden, geil war's trotzdem. Grundsatzinfos
zu dem Ding gibt's hier:
https://sites.google.com/site/weinviertelmtbcenturyride/weinviertel--trail--race-2011
Hier mein "Tagebuch"
Freitag, 7:01, km 0: Offizieller Startschuss vom
Chef Bernd, 1 Minute Verspätung deshalb, weil er freundlicherweise auf
mich gewartet hat, nachdem ich mich noch im Kukuruzfeld erleichtern
musste.
7:36, km 11: Endlich darf ich den schweren
Rucksack abwerfen. Ich bin an einer Stelle angelangt, wo der Trail nach
ca. 300km wieder vorbeikommt. Hier möchte ich bei Einbruch der
Dunkelheit Gewand wechseln, Licht und Proviant aufnehmen. Fortan fahre
ich mit leichtestem Gepäck....
8:52, km 44: Erster Verkofferer beim Sportplatz in
Matzen, unkonzentriert einfach gerade weitergefahren. Nix Schlimmes,
aber jetzt stören einzelne Minuten noch.
10:07, km 75: Erster geplanter Stopp bei einer
Tankstelle in Dobermannsdorf. Es ist schon ziemlich heiß geworden, der
Südwind hebt auf diesem Teilstück aber den Schnitt.
11:00,km100: Ich biege in den Radweg von Valtice
nach Lednice ein, die vielen Radtouristen auf dem sandigen Pfad
verleihen diesem Abschnitt eine Charakteristik zwischen Computerspiel
und Kippstangenslalom.
12:07, km 127: Wieder zurück nach Österreich, Stopp bei einer
Tankstelle am ehem. Grenzübergang Mikulov/Drasenhofen. Der Rest des
gekauften Wassers wird zur Ganzkörperdusche verwendet.
13:55, km 160: Mistelbach: Jetzt ist seit mehr als 20km der
Weinviertler Weitwanderweg mein Zuhause, immerhin hab ich auf dieser
Passage den Schnitt mit 20km/h noch hoch gehalten. Erste Krämpfe gab es
bei den Anstiegen schon, bei Temperaturen weit über 30° hat man nicht
mehr alles 100%ig unter Kontrolle. Beim Billa kauf ich ordentlich ein,
ist doch ein zweiter Stopp am gleichen Ort in der Nacht vorgesehen.
Jetzt muss ich irgendwie über die nächsten Stunden kommen, die
tropische Hitze und tw. selektives Terrain versprechen.
14:30,km 167, Mistelbacher Wald: Ein kleiner
Knall, Gummimilch spritzt auf meine Waden. Kapitaler Patschen, keine
Chance für die Wunderflüssigkeit, ihn abzudichten. Ich muss einen
Schlauch einziehen, die wahren Dimensionen des Cuts im Mantel erkenne
ich NOCH nicht. 500 Meter später hat auch der Schlauch ein Loch, etwas
Sinnvolles zum Dazwischenlegen hab ich nicht, also hat es auch keinen
Sinn, den zweiten Schlauch zu opfern. Ich rufe Andrea an und bestelle
sie zum nächstmöglichen Treffpunkt, die 5km bis dorthin lege ich auf
der Felge zurück
15:15, km 172: Bei Garmanns wechsle ich das
hintere Laufrad. Bis dessen Scheibenbremse endlich nicht mehr schleift
bedarf es noch einiger Nachjustierungsstopps.
15:50, km 182: Der Anstieg zum Oberleiser Berg ist
das zäheste Teilstück des gesamten Trails, die Hitze ist enorm und die
Moral aufgrund des Zeitverlusts durch die Panne im Keller. Ich liege
brutto nur mehr knapp über dem 20er - Schnitt. (In Mistelbach hatte ich
70 Minuten Vorsprung gehabt)
17:15,km 215: Nächster geplanter Stopp beim Lidl in Hollabrunn. Neuer
persönlicher Futterrekord: 4 Muffins & 1 Cola gibt 1400
Kalorien in 6 Minuten. Auf den letzten, einfachen Kilometern hab ich
wieder Zeit gutgemacht, allerdings sind Gewitterwolken aufgezogen. Bei
Regen würde ich natürlich weiterfahren, nur Blitze wären ein Problem.
Allzu lange Stopps wären jetzt nicht mehr drin, wenn ich Waschberg und
Michelberg bei Tageslicht schaffen will..
19:00, km 245: Kirchberg am Wagram: Wie durch ein
Wunder hat sich das Gewitter, das mich seit Hollabrunn verfolgt hatte,
verflüchtigt: Nasse Straße und heftiger Wind waren zu verschmerzen. Die
Fahrt entlang des Wagram war dann richtig entspannt. Leider taucht bald
die nächte Wolkenfront auf, und zwar genau dort, wo ich hin will.
20:00, km 270: Sierndorf: Dass sich auch dieses
Gewitter verzogen hat, gleich wundersam wie das erste, nehme ich als
Omen: jetzt muss ich's durchziehen. Die Bergetappe über Wasch-, Michel-
und Steinberg ist zwar feucht, aber gut passierbar. Den Nachtcheckpoint
erreiche ich mit dem mitgeführten Notlicht gegen 22:00 Uhr.
22:00, km 300: Frische Klamotten, das Licht ist
ein Traum, die Nacht wunderschön. Anruf von Bernd - Sie sind in ein
Hagelgewitter gekommen, ich solle in der Nacht den Wanderweg von
Mistelbach nach Poysdorf auslassen und auf der Straße fahren. Noch
denke ich mir nicht viel dabei, bald gerate ich aber an Passagen, die
der Weinviertler Lehm nach den Regenfällen sehr langsam werden lässt..
23:00, km 320: Zwischen Hautzendorf und
Bogenneusiedl verliere ich (das einzige Mal) im Dunkel die
Orientierung. Alte Weisheit: Wenn man oben am Berg geringfügig falsch
abbiegt, ist man im Tal weit von Ziel entfernt. Da ich mir mit
Zurückfahren keine Chance gebe, fahre ich auf der Straße nach
Bogenneusiedl.
23:30,km 330, Bahnhof Neubau - Kreuzstetten:
Problem: Ich war zuletzt vor 2 Jahren hier und kenne hier nur einen Weg
. Der scheint aber wie vom Erdboden verschluckt, der markierte Radweg
ist mir unbekannt und scheint in die falsche Richtung zu gehen. Anruf
bei Bernd: Mailbox. Anruf bei Andrea: Keine Ahnung. In meiner
Verzweiflung krame ich all meine Erinnerungen zusammen und fahre über
einen abgesperrten Privatgrund dorthin, wo ich glaube, dass ich
hingehöre. Und es hat gestimmt - nur mittlerweile darf man da
eigentlich nimmer fahren. Ich nehme also 2 Schranken und bin mit 20
Minuten Verspätung wieder auf dem Trail.
Samstag 0:45, km 347: Mistelbach/Billa: Die gefürchtete Nachtpassage
des Mistelbacher Waldes ist gelungen, allerdings ist mir schlecht und
abwechselnd kalt und heiß. Essen geht nur mehr mit Gewalt, aber ohne
werde ich bald stranden...
2:30, km 370: Die (an sich leichte) Passage von
Falkenstein nach Guttenbrunn wird zum Horrortrip. Hier sind wahre
Schlammmuren abgegangen und nur wenige Meter in dem Zeug reichen, um
das Bike zu stoppen, weil sich die Räder nicht mehr drehen. Danach kann
man zuerst kiloweise Lehm abschöpfen und anschließend entweder tragen
oder das nasse, aber sehr hohe Gras versuchen. Zur nächsten Ortschaft
(Pottenhofen) geht's genauso weiter. „Gibt's da wo an Löschteich, so
kann i net weiterfahren??“. Gibt es leider nicht, und so muss ich mein
Trinkwasser opfern, um Schaltung und Kette wieder einigermaßen frei zu
kriegen. Ach ja, draufgepinkelt hab ich auch noch, Bio- Kärcher
sozusagen.
3:00, km 380: Wildendürnbach: Wie zum Hohn ist es
hier staubtrocken und bleibt es auch für den Rest der Tour.
3:30,km 390, Friedhof Laa/Th.: Wasser für Mann und
Rad, die Zeit ist schön langsam egal, es dämmert.
6:00, km 412: Alberndorf: Die Energiebilanz ist
kaum mehr auszugleichen, mittlerweile sind 23 Stunden absolviert Die
nachfolgenden Anstieg fahre ich zwar grade noch, das Tempo ist aber
sehr langsam geworden.
8:15, km 450: Buschberg: Das Ziel ist in greifbare
Nähe gerückt, 2 Gels und einen Isodrink hab ich noch. Schnell schaut
anders aus, aber es ist auch nimmer soo zäh wie vorhin.
10:25,km 470: Großrußbach: Bernds Zielschleife zieht sich noch
ordentlich, nach 26 Stunden und 24 Minuten bin ich endlich am
Sportplatz. Gefühle hab ich jetzt eigentlich keine mehr...
+michl+